Selbst in Bremen gibt es ab und zu mal hochsommerliche Temperaturen. Wie sich ein Freibadbesuch in Corona-Zeiten entwickeln kann, zeigen wir in diesem Bericht.
In zwei Schichten ins Wasser
Für die hochsommerliche Woche hatten wir uns das Schlossparkbad in Bremen ausgesucht und wollten bei der Gelegenheit auch gleich einmal schauen, wie das in Zeiten der Pandemie so organisiert ist. Positiv zu erwähnen ist, dass man sich zuvor Online-Tickets besorgen muss – es werden nämlich nur eine fest begrenzte Anzahl Personen gleichzeitig ins Freibad gelassen. Doch schon der Weg zu den Tickets zeigt, wie schwer sich Deutschland nach wie vor mit der Digitalisierung tut. Gebucht werden muss über die Website der Bremer Bäder, die zwar optisch recht ansprechend, aber non-responsive daherkommt. So wird das mühsame Navigieren auf dem Smartphone zur Pan‘n‘Zoom-Orgie. Irgendwo findet sich dann auch der natürlich nicht prominent platzierte Link zu den Online-Tickets. Erwarten würde man mit der Brille der Benutzerfreundlichkeit hier einen deutlich sichtbaren Hinweis – scheint es sich hierbei doch um einen der wichtigsten Anliegen für Besucher zu handeln. Die separate Online-Ticket-Buchungsseite ist dann übrigens auch responsive – immerhin.
Der schwierige Ticketkauf
Weiter ging es zur obligatorischen Registrierung und dem Kauf der Tickets. Es funktionieren hier Bezahldienstleister wie PayPal – warum jedoch nicht der Express-Checkout implementiert wurde, bleibt ein Rätsel. Nachdem Datum und eine Zeitspanne ausgewählt wurde (jeweils zwei Schichten pro Tag, am Wochenende sind diese mit vier Stunden übrigens sogar eine Stunde kürzer als werktags), kann es, sofern noch Tickets verfügbar sind, losgehen. Natürlich nur mit Eingabe von Vor- und Nachname des zukünftigen Ticketinhabers. Das Ticket kommt dann in Form eines PDF mit einem kleinen QR Code rechts unten auf der Seite und vielen Erläuterungen zum Badbesuch. Auch versehen mit dem Hinweis, man möge es ausdrucken und aufbewahren.
Die wahnsinnige Schlange
Wir entschieden uns für die Zeitspanne von 15 bis 19 Uhr am Samstag, sicherlich erwartungsgemäß der Höhepunkt der Besucherströme. Wir reisten daher mit dem Fahrrad schon zu 15:40 Uhr an, damit wir den ersten Besuchereinlass-Schwall vermeiden konnten. Doch was wir dann sahen, haute uns von den Socken. Eine ellenlange (ca. 240 Meter lang) Schlange von Menschen schlängelte sich vom Eingang über den Parkplatz bis hin ins Wohngebiet. Es passierte gefühlt nichts. Die meisten Menschen natürlich ohne Abstand, in der prallen Sonne und ohne sich zu bewegen – unglaublich. Wir stellten uns hinten mit Abstand an, die Besucher hinter uns (eine ältere Dame mit Kind) verstand das anfangs noch so grob, dahinter wiederum dicht an dicht, kein Abstand, Drängeln. Beste Idee für Pandemie-Zeiten. Die genervten Gespräche in der Schlange reichten dann auch von „Hätten wir mal bloß keine Tickets mehr gekriegt“ bis hin zu „Beim Ausgang wird es später genauso.“ Offenbar hatte es an den Tagen zuvor auch eine ähnliche Schlange beim Verlassen des Bades gegeben, da jeder den QR Code erneut scannen musste, um die Heimkehr zu quittieren. Die meisten hatten jedoch wohl die Zettel nicht aufgehoben (obwohl es deutlich drauf stand) und so kam es zu zwei riesigen Schlangen aus dem Bad heraus ins Freie. Den Gerüchten nach sprangen dann einige einfach über den Zaun und das Chaos war perfekt. Wie gesagt, nur ein Gerücht aus der Schlange, aber vorstellen können wir uns das nur zu gut.
Eine Stunde Anstehen
Zurück zu unserer Einlass-Schlange. Es bewegte sich nichts, für die ersten 4 Meter brauchten wir geschlagene 10 Minuten, irgendwann kam die Polizei, machte zwei schwer verständliche Durchsagen am Eingang im Sinne von „Nur wer ein Ticket hat, kommt auch rein“ und ab dann ging es etwas schneller, da einige danach wohl aufgaben oder sich bewusst wurden, dass sie überhaupt keine Tickets hatten. Dummheit könnte man meinen, schlechte Kommunikation kann aber genauso gelten. Insgesamt brauchten wir eine Stunde, um ins Bad zu kommen. Am Eingang stand dann die Polizei und schaute den Besuchern zu, wie sie – oftmals nur mit Kinn- oder Unter-Nasen-Maske bewaffnet – in den engen Eingangsbereich strömten. Die meisten Menschen hatten die Tickets nicht ausgedruckt und folglich weitere Probleme mit den Scangeräten. Natürlich öffnet man das Ticket erst dann, wenn man dran ist und nicht schon etwas vorher – es könnte ja aus Versehen runder laufen. Viele hatten dann auch gerade kein Netz, um die E-Mail mit den Tickets zu laden, etc. – die Klassiker. Einmal im Bad angekommen gab es auf den Wiesen immerhin viel Platz, auch im Schatten fanden wir genügend Raum mit ordentlich Abstand. Im Wasser dann jedoch das genaue Gegenteil. Alles durcheinander, auch im Sportbecken, das eigentlich den (sichtlich genervten) Schwimmern vorbehalten sein sollte, gab es die üblichen, (vermeintlich) coolen Gruppen, die die Bahnen am Beckenrand belagerten sowie ignorante Querschwimmer – einzig die Abkühlung war bedingungslos fantastisch. Zudem waren Sprungturm und Wasserrutsche zu unserem Erstaunen geöffnet, die Bademeister liefen freudig (natürlich ohne Maske) herum und machten gar keine Anstalten, das dichte Drängeln an den Rutschen aufzulösen oder mal im Sportbereich das Chaos aufzulösen. Von Ordnen oder gar Vorbild leider keine Spur. Ein wenig Lernfähigkeit können wir immerhin attestieren – wir verschwanden direkt nach der ersten Durchsage zur Schließung des Bades – und dann auch ganz ohne weitere Schlange. Selbst unser Ticket wurde nicht mehr benötigt, so wurde jedoch wenigstens ein zweiter, potentieller Infektionsherd vermieden.
Unser Fazit
Schlossparkbad in Bremen? Einmal und nie wieder. Hier ist Corona sowohl von den Besuchern als auch den Betreibern her gefühlt komplett vorbei, keine(n) juckt das hier offenbar mehr. Auch die extra ausgewiesenen Raucherzonen werden zwar genutzt, überall sonst auf den (trockenen) Wiesen wird aber genauso gequarzt. Wozu auch an Regeln halten, wenn eh keine Konsequenzen folgen? Irgendwie eine Frage, die man sich bei Licht betrachtet eh immer öfter hierzulande stellen muss – nicht nur in Zeiten von Corona.