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Unter Tage im 19-Lachter-Stollen

Der starke Regen tauchte den Harz in eine neblige Gischt aus Wasser, dazu war es kalt, grau, novemberig dunkel und ungemütlich. Bei solch einem unangenehmen Wetter machten wir das einzig richtige und begaben uns unter Tage. Und dort im Innern des Berges auf eine 261m hohe Brücke über einem gähnenden Abgrund.

Der 19-Lachter-Stollen in Wildemann

Grüne-Tanne-Schild vor dem 19-Lachter-Stollen in WildemannAuf der Flucht vor den Regenmassen besuchten wir an einem Sonntag den 19-Lachter-Stollen in Wildemann. Um 11 Uhr am Sonntag ging es bereits los, so dass wir nach einem kurzen Frühstück unser Hotel in Festenburg verließen und uns auf den Weg ins verschlafene Wildemann machten, der kleinsten der sieben Bergstädte im Oberharz. Als wir den leeren Parkplatz sahen, hatten wir schon Zweifel, ob überhaupt eine Führung stattfinden würde, wenn wir nur alleine erschienen. Doch in der Tat – obwohl wir nur zu viert waren, nahm sich der freundliche Bergwerksführer unserer an und zeigte uns die Geheimnisse des Stollens.

Zunächst gab es im Museumsbereich eine Einführung in Sinn und Zweck des Stollens und des Harzer Bergbaus an sich. Im Anschluss dann gab es Schutzhelm und es ging in den Berg hinein.

261m über der gähnenden Tiefe

Auf einer Lichtgitterrost-Brücke über dem gähnenden Abgrund des 261m tiefen Schachts Ernst-AugustWir liefen zunächst einige Meter lang in den Berg hinein und wunderten uns schon ein wenig, dass es noch immer von den Wänden tropfte und plätscherte. Dies hat jedoch nichts mit dem Regen außen zu tun, sondern ist ganz natürlich im Innern des Berges – auch die Temperaturen sind hier das ganze Jahr über übrigens nahezu konstant. Zunächst liefen wir also durch enge (und nicht für große Menschen gemachte) Eisenrundbögen den nicht enden wollenden Weg in den Berg hinein, bis schließlich der Stollen in fester Grauwacke steht und somit nicht mehr gestützt werden muss. Hier war ein aufrechter Gang wieder möglich und nach zahlreichen interessanten Fakten über den Stollen begaben wir uns auf eine Stahlbrücke mit Lichtgitterrost, so dass wir praktisch an unseren Füßen vorbei in einen Abgrund schauen konnten – den Schacht Ernst-August.

Blick in den gähnenden Abgrund des 261m tiefen Schachts Ernst-August im 19-Lachter-Stollen in Wildemann

Dieser sogenannte Blindschacht hat seinen Namen daher, dass er verschiedene Sohlen des Bergwerks verbindet und nicht zu Tage tritt, also kein Sonnenlicht ihn erreicht. Auf der Brücke stehend und in den tiefen Abgrund schauend, füllte unser bergmännischer Führer dann einen Eimer mit Wasser und entleerte diesen in das unheimliche Loch. Wir konnten natürlich mit einiger Verzögerung das aufschlagende Wasser unten hören und waren wirklich beeindruckt von dem, was die Bergleute hier mit bloßer Muskelkraft innerhalb von nur 15 Jahren geschaffen hatten.

Der mächtige Feind des Bergmanns

Der Schacht stößt übrigens zum gleichnamigen Ernst-August-Stollen durch, dem tiefsten Wasserlösungsstollen des ganzen Harzes. Im Jahre 1864, als der Durchschlag zu diesem Stollen erfolgte, war dieser mit knapp 33 Kilometern Länge das derzeit größte Tunnelbauwerk der Welt.

Tief unten im 19-Lachter-Stollen in Wildemann schützt ein Gitter vor dem gähnenden AbgrundDoch warum solch einen Aufwand betreiben? Wie der Name Wasserlösungsstollen schon vermuten lässt – man wollte genau das loswerden, was uns auch am Eingang des Bergwerks so uncharmant in den Kragen getropft ist: Wasser. Dieser natürliche und unbarmherzige Feind des Bergmanns stellt nämlich eine der größten Gefahren dar. Beim Bergbau tritt ja immer auch das sogenannte Grubenwasser auf, was man im Grunde nicht gebrauchen kann. Dieses muss aus der Grube raus ins Freie – da dies aber immer nicht ganz so einfach ist – meist auch aufgrund der schieren Mengen an Wasser – hat man sogenannte Wasserlösungsstollen gebaut. Durch deren natürliches Gefälle entledigte man sich des Wasserproblems praktisch von alleine, allerdings war deren Bau nicht nur aufwändig, sondern auch langwierig. Im Harz verband man übrigens zahlreiche Gruben auf diese Art miteinander, was auch hinlänglich unter der Oberharzer Wasserwirtschaft bekannt und sogar eingetragenes Weltkulturerbe der UNESCO ist.

Ein neues Kehrrad im Herz des Berges

Das neue Kehrrad im 19-Lachter-Stollen in WildemannEin Nebeneffekt der Oberharzer Wasserwirtschaft: man wurde das Wasser nicht nur los, sondern konnte es auch noch zur Energieerzeugung nutzen. Dafür baute man in den Bergen riesige Kehrräder, mit deren Hilfe man z. B. Lasten aus der Tiefe nach oben befördern konnte. Im 19-Lachter-Stollen gab es tief im Berg ein solches, ganze 9 Meter hohes und 2 Meter breites Kehrrad, das aufgrund einer ausgeklügelten Technik sogar schnell die Drehrichtung ändern konnte. Dieses Rad ging im Jahr 1848 in Betrieb und verrichtete tadellos seine Dienste, verkam jedoch nach dem Stillstand des Bergbaus. Im Jahre 2014 wurde jedoch das restaurierte Kehrrad wieder in Betrieb genommen und während der Führung kann man es tatsächlich live und in Betrieb erleben.

Unser Fazit zum 19-Lachter-Stollen

Uns hat der Besuch wirklich sehr gut gefallen, besonders aufgrund des überaus engagierten Bergwerk-Führers, der uns die Historie dieser Anlage schön rüberbrachte. Wir können euch, besonders nach der Inbetriebnahme des neuen Kehrrades, einen Besuch dort nur wärmstens ans Herz legen. Achtet jedoch auf die Öffnungszeiten, da diese recht übersichtlich sind und es schade wäre, wenn ihr diese tolle Führung verpassen würdet.

→ Zur Website des 19-Lachter-Stollens

Eine Anekdote noch am Rande: obwohl wir im Harz übernachtet und entsprechende Gebühren entrichtet hatten, hatte man uns im Festenburger Hotel keine Harzgast- bzw. Kurkarte, sondern nur die übliche Rechnung ausgehändigt. Diese zeigten wir beim 19-Lachter-Stollen auch vor, jedoch reichte dies für die Ermäßigung nicht aus, da, wie wir erfuhren, einige Hotels wohl diese Gastkarten nicht rausgeben, um noch ein bisschen mehr für sich zu behalten. Wir mussten somit also den vollen Betrag zahlen, was wir in Anbetracht der erhaltenen Leistung aber gerne taten. Ihr solltet jedoch in Zukunft auch darauf achten, dass ihr – wenn schon zusätzlich zur Kasse gebeten – auch alle euch zustehenden Karten auch bekommt. Eine Rechnung als Nachweis reicht da nicht.

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