Bad Lauterberg im Harz ist auf den ersten Blick ein beschauliches Kurstädtchen, das vor allem für seine Natur und Heilbäder bekannt ist. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt auch hier und dort Dinge, die weit in die Nachkriegszeit und die Ära des Brutalismus zurückführen. Hier trifft man auf eine eigenwillige Mischung aus Funktionalität, rauem Charme und Nostalgie, die einen faszinierenden Kontrast zur umgebenden Natur bildet.
Unverhoffte Bausünden
Ein Spaziergang durch den Ort lässt uns auf unverhoffte Relikte stoßen: Da ist zum Beispiel eine alte Minigolfbahn, die unter einer Schneeschicht – zumindest während unseres Besuchs im Winter – fast verloren wirkt. Ein verrosteter Metallbogen ragt noch trotzig in die Höhe und erinnert an eine Zeit, als Freizeit noch etwas anders gestaltet wurde als heutzutage. Ob diese Bahn übrigens noch zu wärmeren Zeiten in Betrieb ist, konnten wir nicht herausfinden – ganz abwegig ist es aber nicht.
Brutalismus
Typisch für die Architektur der 1950er bis 1970er Jahre in Bad Lauterberg sind auch die nüchternen Brücken und Passagen aus rauem Beton. Diese Bauwerke, die keinerlei dekorative Elemente aufweisen, verkörpern die Essenz des Brutalismus: roh, massiv und zweckmäßig. Funktionalität stand im Vordergrund, während jeglicher Zierrat als überflüssig erachtet wurde. So bieten einige Bauwerke von Bad Lauterberg einen authentischen Einblick in eine Ära, in der die Architektur einen klaren Bruch mit der Vergangenheit vollzog.
Diktat des Schnellbauens
Auch die Wohngebäude der Nachkriegszeit tragen diese Handschrift. Ein großer, uniformer Wohnblock mit seinen gleichmäßig angeordneten Balkonen aus Beton wirkt streng und doch bemerkenswert in seiner schlichten Wiederholung. Solche Bauwerke waren Ausdruck einer Zeit, die sich auf Effizienz und schnelles Bauen konzentrierte. In ihrer Monotonie spiegeln sie die damalige Notwendigkeit wider, viel Wohnraum in kurzer Zeit zu schaffen, und stehen heute als stumme Zeugen einer Epoche, die von Aufbruch und Pragmatismus geprägt war. Und irgendwie auch im Kontrast zu der heutigen Zeit, in der man selbst so etwas in dieser Geschwindigkeit hierzulande nicht mehr zu schaffen vermag.
Auch brutalistische Details
Doch nicht nur in den großen Bauten, auch in den kleinen Details zeigt sich die Ästhetik dieser Zeit: Straßenlaternen mit kantigen Formen und deutlichen Gebrauchsspuren erinnern an die Designideen der 70er Jahre. Diese Beleuchtungselemente, die heute schon fast einen Retro-Charme haben, passen sich in die Kulisse aus Beton und nüchterner Architektur ein und setzen unerwartete Akzente im Stadtbild.
Ebenfalls faszinierend sind die alten Wasserleitungen und Entwässerungskanäle, die sich unter Moos und Schnee verbergen. Funktionale Strukturen, die sich zwischen den Bäumen entlangziehen und auch irgendwie zu dem Kurort Bad Lauterberg gehören. Hier ist nichts perfekt oder glatt, sondern rau und authentisch – eine ganz eigene Schönheit, die uns an die Vergänglichkeit und Beständigkeit der menschlichen Baukunst erinnert.
Bad Lauterberg ist damit mehr als nur ein Kurort im Harz. Es ist ein Ort, an dem die Architektur vergangener Jahrzehnte erhalten geblieben ist und uns daran erinnert, dass auch die weniger glanzvollen Seiten der Baukunst ihren Platz in der Geschichte haben. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen und die Geschichten hinter den Fassaden und Brücken zu entdecken. Besonders im Winter hatte dies einen ganz besonderen Charme und Eindruck auf uns.